Wenn der Priester in der Messe nach der Wandlung die Worte betet: „Geheimnis des Glaubens“ antwortet die versammelte Gemeinde: „Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir. Deine Auferstehung preisen wir. Bis du kommst in Herrlichkeit.” Wie sehr wir Gottesdienstbesucher die Tiefe dieser Worte bei der Messe innerlich jeweils mitvollziehen, sei dahingestellt. Dieses Geheimnis zu verkünden jedenfalls ist eine Einladung, die in jeder Heiligen Messe erfolgt. Auch wenn darin ein Spannungsbogen bleibt: Es handelt sich um ein Geheimnis – wir können es nicht ganz erfassen: Wir wissen Christus ist da, aber es bleibt unserem Verstehen ein Stück weit entzogen. „Das Geheimnis des Glaubens ist das unermessliche Geschenk der Eucharistie selbst“, schreibt Papst Paul VI.. Und dennoch werden wir in jeder Messe aufgefordert, das Geheimnis des Glaubens, die Werke Gottes, zu bekennen und bekanntzumachen.
Ewige Anbetung
Seit dem Besuch von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006 beten Gläubige in Altötting Tag und Nacht, Woche für Woche Jesus im allerheiligsten Sakrament der Eucharistie an. Viele ähnliche Initiativen „24/7 Anbetung” entstehen auch an vielen weiteren Orten in Deutschland. Und diese Bewegung möchte der Adoratio-Kongress fördern.
Wir waren mit Kollegen der Abteilung Evangelisierung des Bistums Augsburg mit einem Stand dabei, haben Workshops rund um die Neuevangelisierung gehalten und hatten eine herrliche Zeit. Aber auch aus meiner Gemeinde in Vöhringen waren 15 Leute mitangereist – ein bunter Querschnitt aus Gemeindemitgliedern, die Tiefgang suchen: Eine Kommunionmutter, ein Mesner und Gottesdienstbesucher zwischen 18 und 70 Jahren. Alle waren tief beeindruckt und überrascht: Manche waren vorher noch nie bei einer derartigen Veranstaltung.
Die zahlreichen Vorträge, Zeugnisse und Gebetszeiten eröffneten ihnen eine neue Perspektive, Gottes Gegenwart in diesem Sakrament zu erfahren. Auch die ungewohnt persönliche Art, über das Gebet zu sprechen, wie es etwa die junge K-TV-Redakteurin Tini Brüning in ihrem Zeugnis über die Anziehung und die verwandelnde Kraft der eucharistischen Anbetung tat, war für viele unserer Gemeindemitglieder neu und ermutigend. Andere Sprecher beschrieben, wie sie selbst etwa bei Abenden der Versöhnung die eucharistische Anbetung kennen- und liebengelernt hatten, in einer musikalisch und ästhetisch gestalteten innigen Atmosphäre.
Was passiert, wenn Menschen Gott anbeten?
Die verwandelnde Kraft der eucharistischen Anbetung durfte ich selbst vor einigen Jahren in meiner Jugendgruppe bei einer Nachtanbetung erfahren. Ich nahm von 1.00 bis 2.00 Uhr an einer Gebetskette teil, ohne zu wissen, wie man eine solche Stunde innerlich gestaltet. Ich habe es eben ausgehalten. Später bekam ich „Eine Viertelstunde vor dem Allerheiligsten” geschenkt, ein Textkärtchen von P. Claret (1807 – 1870), damals Erzbischof von Kuba, in dem er Christus selbst sprechen lässt: „Erzähl mir dies, denk an das …” und so durch das persönliche Gebet leitet. Es half mir, bei der Anbetung mit Jesus im Gespräch zu sein.
Als ich später in Rom studierte, erlebte ich, dass die eucharistische Anbetung in den Kirchen dort eine andere Qualität für mich hatte als mein stilles Gebet auf dem Zimmer. Ich fand es persönlicher. Es war keine magische Wirkung, aber dennoch spürte ich dort eine andere Wirklichkeit. Dort konnte ich auch meine Berufung annehmen, gottgeweiht zu leben.
Diese Anbetung habe ich schließlich auch in Vöhringen gesucht. Bis ein solcher Ort eingerichtet war, hat es eine Weile gedauert. Später realisierte ich, dass wir gleichzeitig mit der Gebetskapelle und den Glaubenskursen angefangen hatten, die unsere Gemeinde sehr beleben. Das ist für mich kein Zufall. Mit der Anbetung geht eine Fruchtbarkeit einher. Das eine kommt mit dem anderen. Ohne dieses Gebet ist der Dienst nicht so freigesetzt oder hat nicht die gleiche Energie.
Prioritäten ordnen sich
Bei der Anbetung wird darüber hinaus auch eine gewisse Ordnung wiederhergestellt: An erster Stelle steht Gott. Denn jedes Gebet muss darauf abzielen, dass es nicht mehr nur um uns geht. Wir sind ja zunächst immer beschäftigt mit Dingen: Bitten, Sorgen, Klagen oder auch Jubel und Dank. Eigentlich geht es aber zuerst um Gott, seine Ehre, seine Größe, die Faszination an ihm, an seiner Person. In den Gebetsschwierigkeiten, die wir in der Anbetung oft erleben, erleben wir auch den tieferen Sinn: Wir beten weiter, auch wenn wir gefühlt nichts davon haben, nichts spüren. Ab hier geht es um Gott und wir geben ihm die Ehre.
Das wiederum wirkt sich auf uns aus. Es rücken alle anderen Anliegen an ihren Platz auf der Prioritätenliste. Durch das Beten gewinnen wir Abstand von unseren Sorgen und Beschäftigungen und schauen auf Gott. Wir sehen trotz der vielen „Bäume den Wald” wieder. Oft bin ich dann richtig erfüllt und auf andere Weise unerwartet glücklich. Oft ohne, dass ich damit gerechnet hätte.
Erneuerung aus der Hingabe an Gott
Den Adoratio-Kongress in Altötting habe ich als eine ganz konkrete Weise der Erneuerung aus dem Gebet heraus erlebt. Und obwohl unsere Kirche in Deutschland durch Fragen nach Erneuerung sehr gebeutelt ist, ist für mich in diesen Tagen neue Hoffnung gewachsen. Die Kirche endet nicht, sie beginnt neu, wenn wir Gott wirken lassen und uns von ihm verwandeln lassen. Und wenn wir das tun, werden wir zu Zeugen des „Geheimnisses des Glaubens“. Die vielen strahlenden Gesichter waren ein deutliches Zeichen dafür.