Vor Ort · Der Glaube verfolgter Christen als Ansporn für uns

Selig (heilig), die verfolgt werden …

Christen sind die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft weltweit. In vielen Ländern ist es für Christen gefährlich, ihren Glauben zu leben. Doch gerade dort beobachten wir von „Kirche in Not“ besonders starke Glaubenszeugnisse. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Christenverfolgung und Heiligkeit?

von Stefan Stein · 30.01.2025

Dornenkrone vor rotem Hintergrund
Symbolbild. Bild: ©Pixel-Shot – stock.adobe.com

Durch die Arbeit des pastoralen Hilfswerks „Kirche in Not“ lernen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Christen aus aller Welt kennen. Ordensschwestern, Priester oder Bischöfe berichten aus erster Hand über die Situation in ihrer Heimat, wo die Menschen unter Kriegen leiden und Christen diskriminiert und verfolgt werden.

Doch was spornt die Gläubigen an, sich auf einen gefährlichen Weg zur Heiligen Messe zu begeben? Was ist ihnen wichtig? Und warum sind sie trotz der oft prekären Situation häufig so glücklich? Die Antwort ist immer dieselbe: der feste Glaube an Jesus Christus. Er gibt den Menschen Halt, Orientierung und Freude.

Das Wort „glücklich“ wird zum Synonym für „heilig“

Papst Franziskus betont im Apostolischen Schreiben „Gaudete et exsultate“ aus dem Jahr 2018: „Das Wort ,glücklich‘ oder ,selig‘ wird zum Synonym für ,heilig‘, denn es drückt aus, dass der Mensch, der Gott treu ist und nach seinem Wort lebt, in seiner Selbsthingabe das wahre Glück erlangt.“ Der Pontifex hebt insbesondere die Seligpreisungen in der Bergpredigt hervor, die er als „Personalausweis der Christen“ bezeichnet.

Einer dieser markanten Sätze im fünften Kapitel des Matthäusevangeliums lautet: „Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Jesus betont hier ausdrücklich, dass man für den persönlichen Einsatz, für das, was einem wichtig ist, durchaus „anecken“ kann oder sogar Benachteiligungen oder Diskriminierungen auf sich nehmen muss. Aber dennoch macht er gleichzeitig Mut, genau das zu wagen.

Der Glaube verfolgter Christen als Aufruf für uns

Gerade diese Aussagen Jesu spornen viele Christen an, obwohl sie in der Minderheit sind und unter Verfolgung leiden. Sie setzen sich für Gerechtigkeit, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung und Frieden ein. Schon zur Zeit Jesu wurden Christen verfolgt oder hatten Benachteiligungen erfahren.

Aber: „Die Verfolgungen sind keine Realität der Vergangenheit; auch heute erleiden wir sie, sei es auf blutige Weise, wie viele Märtyrer unserer Zeit, oder auf subtilere Weise durch Verleumdungen und Unwahrheiten“, heißt es in „Gaudete et exsultate“ weiter. „Jeden Tag den Weg des Evangeliums annehmen, auch wenn er Schwierigkeiten mit sich bringt, das ist Heiligkeit.“

Das ist auch ein Aufruf an uns Christen hierzulande, in einem Land, in dem die Religionsfreiheit festgeschrieben und gesichert ist. Der starke Glaube und das Engagement der verfolgten Christen sollten Ansporn für uns sein, für den christlichen Glauben einzustehen und davon zu erzählen. Die Freude und Schönheit des Glaubens können uns alle motivieren und starkmachen.

Genau dieser Glaube ist es, woraus Gläubige in Nigeria, Indien, Vietnam und anderen Ländern, in denen die Situation für Christen oft prekär und gefährlich ist, Kraft schöpfen – trotz oder vielleicht auch wegen dieser Umstände. Sie nehmen „den Weg des Evangeliums“ an und setzen den Titel des Apostolischen Schreibens von Papst Franziskus jeden Tag um: „Gaudete et exsultate – freut euch und jubelt!“

Kleines Mädchen aus Pakistan mit rotem Kleid, zusammengebundenen Haaren und einer bunten Tasche um den Hals hängen. Es hält einen blauen Rucksack und eine weiße Jutetasche von Kirch in Not
Ein Mädchen aus Pakistan. In ihrem Ort gab es im August 2023 einen gewalttätigen Mob, der mehr als 20 Kirchen und zahlreiche Wohnungen von Christen zerstörte. Foto: Kirche in Not

Ein paar Daten zum Hintergrund

In vielen Ländern werden Christen wegen ihres Glaubens benachteiligt oder sogar verfolgt – teilweise selbst dann, wenn die Religionsfreiheit in vielen Verfassungen festgelegt ist.

In Deutschland ist im Grundgesetz die Freiheit des Glaubens und des Bekenntnisses unverletzlich. Auch die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Trotz dieser gesicherten Freiheit sind die Zahlen der Kirchenbesucher hierzulande auf einem niedrigen Niveau. Laut der Deutschen Bischofskonferenz waren es im Jahr 2023 6,2 Prozent der Katholiken.

In Nigeria gehen laut einer US-Studie dagegen 94 (!) Prozent der Katholiken jeden Sonntag in die Kirche. Dafür nehmen sie vieles in Kauf: kilometerlange Wege, gefährliche Routen wegen wilder Tiere oder auch die Angst vor terroristischen Anschlägen, insbesondere an Festtagen. Beispielsweise wurden an Heiligabend 2023 über 30 Dörfer überfallen. Dabei wurden mehr als 300 Menschen in vorwiegend christlich geprägten Dörfern von Terroristen getötet. Die meisten Attacken passierten sogar fast zeitgleich.

Mit Boko Haram, radikalen Fulani-Milizen und ISWAP (Islamischer Staat westafrikanische Provinz) gibt es gleich drei verbreitete Terrorgruppen in Nigeria.