Vor Ort · 3 Fragen an
Jeder braucht seinen eigenen Zugang zum Glauben
von Veronika Striegel · 01.02.2024
Credo: In welchem Lebensbereich nimmst du Uneinigkeit wahr und wie äußert sich diese?
Gerade stellt sich mir die Frage, was ich nach dem christlichen Orientierungsjahr machen möchte. Natürlich, und dafür bin ich eigentlich auch dankbar, haben meine Eltern gewisse Vorstellungen und irgendwo auch Erwartungen. Diese stimmen nicht ganz mit meiner Herangehensweise überein.
Ich bin der Meinung, dass sich da schon zur rechten Zeit das Richtige auftun wird, weshalb ich mich auch nicht so darum kümmere. Meine Eltern dagegen wollen, dass ich mich mehr informiere, was ich schon verstehe und was vielleicht auch vernünftig wäre.
Jedoch, und da kommen wir zu einer weiteren Uneinigkeit, und zwar in mir, ist mir das Berufszeug eigentlich noch zu weit weg und ich will es noch nicht so ernst nehmen. Andererseits denk ich mir natürlich auch, dass ich schon mal eine Entscheidung treffen sollte.
Credo: Belastet dich diese Uneinigkeit oder kommst du gut damit klar? Wo ist dir Einheit wichtig?
Mit der obengenannten Uneinigkeit komme ich mittlerweile, denke ich, ganz gut klar. Aber tatsächlich belastet mich Uneinigkeit besonders in der katholischen Kirche bzw. im Christentum. Ich denke mir auf der einen Seite, es kann doch nur eine Wahrheit geben bzw. es muss doch irgendwie DAS Richtige geben.
Was mich vor allem stört, sind die verschiedenen Meinungen über die Eucharistie, wo ich mir schon wünsche, dass sie für alle Christen eine große Bedeutung hat. Andererseits ist es auch richtig gut, dass es so viele verschiedene Bewegungen, Gemeinschaften und Verbände in der Kirche gibt, z. B. KPE, Jugend 2000, Loretto Gemeinschaft oder ICF Church.
Die Wahrscheinlichkeit, dass jeder seine Spiritualität und damit Zugang zum Glauben findet, ist damit höher, weil in jeder Gemeinschaft andere Schwerpunkte gesetzt werden. Aber es geht ja nicht nur um die eigene Spiritualität, sondern eben um bestimmte Glaubenswahrheiten, die bei den einen anerkannt sind, bei den anderen nicht.
Mir ist eine gewisse Einheit definitiv in Freundschaften wichtig. Wenn man einheitliche Interessen hat, aber auch eine ähnliche Einstellung zu bestimmten Themen hat, macht es das Ganze einfacher. Beispielsweise weiß ich, wie Pfadfinder in der KPE zum Thema „Frauen im Priestertum“ eingestellt sind, was uns gleich auf eine Ebene bringt.
Ich glaube aber, dass beide „Arten“ von Freundschaften wichtig sind: Die, in der man ähnliche Ansichten teilt, und die, in der es viel zu diskutieren gibt. Denn ich denke, dass Uneinigkeiten helfen, sich selbst zu reflektieren, weiterzukommen und dadurch innerlich zu wachsen und zu reifen.
Credo: Wenn du an dein kirchliches Umfeld denkst: Wie ist hier deine Erfahrung mit Einheit und was wäre dein Wunsch?
Mein kirchliches Umfeld besteht aus der KPE (Katholische Pfadfinderschaft Europas), der Jugend 2000 und natürlich dem Glauben aus der Erziehung. Am Anfang konnte ich diese verschiedenen Denkarten nicht so vereinen, weil sie andere Schwerpunkte haben.
Die KPE ist eher sehr traditionell und die Jugend 2000 ist zwar irgendwo auch traditionell aber eben durch modernen Lobpreis wieder anders. Sie sind nicht vereint, aber ich kann sie in mir schon vereinen, weil sie mir beide Mittel und Zugänge zum Glauben geben, die mich ansprechen und weiterbringen.
Ich glaube, man kann von jeder katholischen Bewegung oder Gemeinschaft und auch christlichen Konfession etwas lernen. Ich fände es cool, wenn man offen wäre, voneinander zu lernen und damit wieder zusammenkommt.
Mein tiefster Wunsch ist, dass wir Christen wirklich wieder zu einer Art von Einheit zurückfinden. Aber auch da kommen in mir Zweifel auf, weil einfach jeder einen anderen Zugang braucht, einen anderen Hintergrund hat usw. Wie diese Art von Einheit aussehen wird, weiß ich nicht, aber was ich weiß, ist, dass Gott diesen Prozess führt und uns hilft.