Vor Ort · Heilung finden trotz geringer Überlebenschance
Heil(ig) ist man im Inneren und nicht im Äußeren
von Judith Pientschik · 23.01.2025
Wer mich kennt, weiß, dass mein Leben besonders in den letzten zehn Jahren vorwiegend geprägt war von einem Kampf mit Krankheit. Angefangen mit einer chronischen Magen-Darm-Erkrankung, verbunden mit zunehmenden Komplikationen inklusive Not-OPs. Es folgten viele lange und kraftzehrende Klinikaufenthalte.
Inzwischen hat sich eine Reihe weiterer Diagnosen dazugesellt, die mein Überleben betreffen. Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich die für mich bisher heftigste Diagnose einer Lungenerkrankung erhalten, die unbehandelt tödlich verläuft und trotz Therapie eine durchschnittliche Überlebensrate von etwa fünf Jahren aufweist. Mindestens zwei Jahre davon sind bereits vorüber.
Mein Körper ist ein Wrack
Verbunden mit einer Sepsis, Herzinfarkten etc. wurde ich während eines Krankenhausaufenthalts mit der Aussage eines Arztes konfrontiert, wie ich zu meiner eigenen Endlichkeit stehe und dass im Fall einer Intensivpflichtigkeit kaum Überlebenschancen bestünden.
Letztlich habe ich es geschafft, das Krankenhaus zu verlassen; mein Leben besteht allerdings nach wie vor aus 24/7-Infusionen, Quarantäne aufgrund der Immuntherapie und anderen Einschränkungen. Mein Körper ist, äußerlich betrachtet, ein Wrack: von Krankheit zerfressen, mit Narben gezeichnet … – manch Oma im Altenheim ist in einem besseren, gesünderen, fitteren Zustand.
Jemand trägt mich
Doch wenngleich sich entgegen aller Hoffnung keine äußerlich sichtbare Heilung eingestellt hat, durfte ich sie in den zurückliegenden Jahren immer mehr in meinem Inneren wahrnehmen: Durch das Leid, die Schmerzen, die Angst habe ich immer wieder erfahren, dass da jemand ist, der mich trägt, der größer ist als ich – so groß, dass er all mein Klagen, mein Leid und meine Schmerzen für mich trägt: GOTT!
Dann, wenn mein Leid am größten, der Schmerz am stärksten und die Hoffnung am aussichtslosten erscheint, fühle ich mich IHM besonders nahe. Denn der Blick aufs Kreuz zeigt mir: Da ist einer, der das (und noch viel mehr!) bereits lange vor mir getragen hat. Und noch viel besser: Er hat es nicht nur getragen, sondern sogar besiegt!
Das Kreuz als Ort des Heils
Der Blick auf Jesus am Kreuz ist es, der mir Kraft gibt und mir hilft, auch dunkle Zeiten durchzustehen, ohne zu verzweifeln. Ich erfahre, wie das Kreuz zu einem Ort des Heils wird. Leid und Schmerz werden mir nicht genommen, aber verwandelt – zwar (noch?) nicht äußerlich, aber dafür umso tiefer und intensiver in meinem Herzen. Vor dem Kreuz darf ich das wunderbare Geschenk des tiefen Friedens und des inneren Heils spüren, die mir Gott selbst schenkt.
Gebet, Sakramente und die Bibel
Um gesundheitliche Rückschläge und andere Hindernisse auf meinem Weg zu bewältigen, stellt Gott mir verschiedene Hilfen zur Seite. Im Gebet, besonders beim Beten des Rosenkranzes, aber auch im Empfang der Sakramente wie der Eucharistie oder der Krankensalbung darf ich immer wieder Kraft und Stärkung erfahren. Aber auch durch die Verbundenheit mit anderen Menschen im Gebet und in Gedanken schöpfe ich große Hoffnung und Zuversicht.
Manchmal darf ich ganz unverhofft erfahren, wie ER mich trägt, z. B. durch Bibellektüre oder einen Bibelvers, auf den ich stoße. Diese Erfahrung gibt mir Mut, auch weiterhin auf die Zusage von Mt 28,20 zu vertrauen (Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt), mein Leben in SEINE Hand zu legen und darauf zu vertrauen, dass ER alles zum Guten wendet, dass ER alles heil macht.
Die Heilung des Herzens ist wertvoller als körperliche Heilung
Natürlich wäre es schön, wenn es mir gesundheitlich besser ginge und ich von keinen Beeinträchtigungen geplagt würde. Aber der tiefe innere Friede und das innere Heil-Sein, das ich in meinem Herzen spüren darf, sind für mich schöner und wertvoller als alle äußerliche Unversehrtheit, wichtiger als jede körperliche Heilung. So hat mich der Weg der Krankheit auf einen Weg der Heilung des Herzens geführt und mich gelehrt, nicht auf äußerliche Belange Wert zu legen.
Das Kreuz ist für mich der Ursprung meines Heils, der Ausgangspunkt dafür, dass Auferstehung möglich wird, die Wurzel für ein Leben im Frieden mit Gott. Vielleicht ist solch ein Leben heilig.
Anmerkung der Redaktion: Judith hat bereits 2021 den Beitrag Unheilbar krank: Wo ist Gott? für Credo geschrieben.