Vor Ort · 3 Fragen an ...

Gebetsroutinen und „Espresso-Gebete”

Josef Kuhn ist aktuell Seminarist der Diözese Augsburg und studiert Theologie an der Universität Augsburg. In seiner Freizeit sieht man ihn oft beim Fotografieren oder unterwegs auf dem Rennrad. In unserer Reihe „3 Fragen an…“ spricht der 31-Jährige über das Gebet, was es für ihn bedeutet, wie er es pflegt, seine Routinen und „Espresso-Gebete“.

von Raphael Schadt · 02.07.2024

Josef Kuhn. Bild: András Marton.

Credo: Josef, wie betest du?

Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin, darüber zu sprechen. Ich bin hier selbst noch ein Lernender. Aber ich versuche eine Antwort zu formulieren. Gebet ist für mich ein liebendes Gespräch mit Gott. Zeit für den, der mich geschaffen hat und dem ich alles verdanke. Ihm zu danken nimmt einen Großteil meiner Gebetszeit ein.

Es braucht dazu auch einen ruhigen Moment und da hilft es mir, klare Zeiten einzuplanen. Für mich ist das in aller Regel direkt am frühen Morgen, wenn noch keine E-Mails, Telefonate oder Nachrichten um meine Aufmerksamkeit kämpfen. Von dieser Morgenroutine geht es dann meistens zur Hl. Messe in die Seminarkirche. So starte ich am liebsten in den Tag.

Um die Verbindung zu Gott auch den Tag über aufrecht zu halten sind mir „Espresso-Gebete“ wichtig geworden: Ich durfte einige Jahre in Italien verbringen. Einen Espresso trinkt der typische Italiener mehrfach über den ganzen Tag verteilt. Dafür braucht er in aller Regel nicht einmal eine Minute – dann geht es direkt weiter. Ebenso versuche ich es auch mit diesen kurzen „Espresso-Gebeten“: Wenn ich jemanden auf der Straße sehe, dem es nicht so gut geht, dann bete ich gerne ein kurzes Segensgebet. Oder wenn mir jemand aus unerklärlichen Gründen spontan sympathisch oder unsympathisch erscheint. Zugegebenermaßen macht das sogar meistens richtig Freude, sich schöne Dinge für andere Menschen zu wünschen. Probier es mal aus!

Credo: Hat das Gebet in deinem Leben schon mal etwas verändert?

Oh ja, schon viele Male und immer wieder. In den letzten Jahren hat sich jedoch ein gewisser Rhythmus etabliert. Ich brauche eine gewisse Grundstruktur. Gleichzeitig bin ich aber auch bereit, sofern es die Situation erfordert, diese Struktur zu durchbrechen. Und manchmal muss man sich nach einer Zeit der Ausnahme wieder mühsam zurückarbeiten. Ein Aufwand, der sich aus meiner Sicht aber sehr lohnt.

Auch die Art und Weise kann sich ändern: Ein wichtiger Moment war, als mir ein guter Freund vor knapp eineinhalb Jahren eine neue Form des betrachtenden Gebets zeigte. Das gibt mir heute immer wieder einen „frischen“ Zugang zum stillen Gebet.

Credo: Was würde dir ohne Gebet fehlen?

Es gibt große Heilige, die das Gebet mit der Luft vergleichen, die für den Menschen überlebenswichtig ist. Entsprechend sei das Gebet für das geistliche Leben überlebenswichtig. Das ist natürlich eine starke Aussage – aber ich glaube sie haben Recht. Ohne das Gebet würde mir wohl vieles – auch an Lebensqualität – fehlen. Wie gut, dass ich beten darf!

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