Vor Ort · Wie steht es mit der Einheit im Orientierungsjahr UP?

„Ertragt einander in Liebe“ (Eph 4,2)

Seit gut vier Monaten leben wir jetzt schon als WG im Orientierungsjahr UP des Bistums Augsburg zusammen. Seitdem hat sich vieles verändert und wir mussten bei einigen Themen zu einem Konsens finden, sonst lässt es sich nicht zusammenleben. Aber ist es überhaupt wichtig, in allem „eins zu sein“ (Joh 21)?

von Franziska Mertens · 21.02.2024

4 junge Leute beim Essen in einer WG.
Up-Teilnehmer beim gemeinsamenen Abendessen. Foto: Up Christliches Orientierungsjahr

Laut Google ist die Definition von Einheit eine „innere Zusammengehörigkeit“. Doch was macht diese in einer christlichen WG aus? Muss man in allem der gleichen Meinung sein, den Glauben identisch praktizieren und dieselbe Vorstellung von Sauberkeit haben? In der WG stellte sich heraus, dass das nicht möglich ist.

Putzen, Kochen, Ordnung

Auf Uneinigkeit trifft man bei uns im Verständnis von Ordnung. Wir haben immer noch kein System gefunden, mit dem es immer einigermaßen sauber ist. Teilweise haben wir das Problem, dass sich keiner bzw. nur eine Person verantwortlich fühlt und dann funktioniert die Sauberkeit nicht so optimal. Da sind wir aktuell noch dabei, eine Lösung zu finden.

Auch beim Kochen trifft man oft auf Uneinigkeiten, was die Zubereitung von bestimmten Gerichten angeht oder welche Lebensmittel man einkauft, welche nicht. Jedoch finden wir bei dieser Angelegenheit meistens eine Lösung, weil wir das gemeinsame Ziel haben, dass es etwas Gutes zum Essen geben sollte 🙂

WG-Mitbewohnerinnen in der Küche.
Franziska (rechts) mit einer anderen Teilnehmerin in der Up-Küche. Foto: Up Christliches Orientierungsjahr

Unterschiedliche Meinungen und Konfliktmanagement

Ich glaube, manchmal ist es für alle schwer, die Meinung vom anderen zu akzeptieren und daraus keinen persönlichen Konflikt entstehen zu lassen. Da denkt man sich schon, dass es definitiv einfacher wäre, wenn alle die gleiche Meinung hätten, aber vielleicht wäre es dann auch zu einfach. Dadurch, dass uns viel vereint, wie das Bestreben, die Wahrheit zu finden, das Verständnis, dass Zusammenleben mit verschiedenen Meinungen möglich ist und der Wille zu einem harmonischen WG-Leben, können wir meiner Einschätzung nach jetzt ganz gut mit Meinungsverschiedenheiten in der WG umgehen. Aber trotzdem ist das ein ständiges Lernen.

Mir half es extrem, eine gewisse Offenheit zu entwickeln, was mir zwar manchmal noch schwerfällt. Aber so ist man am ehesten dazu fähig, die Sicht des anderen zu begreifen. Jeder hat auf bestimmte Themen eine sehr eingeschränkte Sicht, weil er es nur in Kombination mit seinen Erfahrungen sehen kann und deshalb oft nicht alle Facetten sieht. Somit ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man nicht alles bedacht hat.

In dem Seminar über Konfliktmanagement haben wir dann beschlossen, dass jeder versuchen soll, die Liebe als oberste Richtschnur zu haben, was denke ich eine Lebensaufgabe ist. Der Bibelvers, der uns dabei leiten soll, ist: „Ertragt einander in Liebe.“ (Eph 4,2)

Der Glaube: Ein weites Feld

Was schon ziemlich am Anfang unseres Orientierungsjahrs deutlich wurde, war, dass wir unterschiedliche Vorstellungen vom Glauben und von der Auslebung unseres Glaubens haben. Somit haben wir auch unterschiedliche Meinungen zu bestimmten Themen, vor allem auch kirchenpolitisch. Demnach kam es ab und an vor allem in den ersten Wochen zu Diskussionen über den Synodalen Weg oder anderen politischen Themen wie Abtreibung o.ä

Junge Leute in einem Trampolinpark.
Im Trampolinpark mit Benedikt (rechts), dem Leiter des Ups. Foto: Up Christliches Orientierungsjahr

Positiv: Unterschiedliche Talente

Das Coole an so einer Wohngemeinschaft wie im UP ist, dass wirklich jede und jeder durch unterschiedliche Stärken zu einem guten Zusammenleben beisteuern kann. Hier könnte man sagen: An sich liegt eine Uneinigkeit vor, weil ja die Talente nicht gleich sind. Aber jeder hat so sein Gebiet, mit dem er oder sie das WG-Leben bereichern kann.

Fazit 1: Ein gemeinsames Ziel ist ausschlaggebend

Nun stellt sich die Frage, ob Einheit bei einem christlichen Orientierungsjahr überhaupt wichtig ist. Ich denke schon. In Bezug auf die WG ist besonders das einheitliche Bestreben nach coolen 9 Monaten und nach einem harmonischen Zusammenleben wichtig. Wenn das nicht gegeben ist, einem beispielsweise sein wöchentlicher Dienst egal wäre und man sich nicht integrieren würde, würde das ganze System nicht funktionieren.

Ich glaube, dass nicht die Einheit in der Auslebung des Glaubens oder der gleichen Meinung wichtig ist, sondern das gemeinsame Ziel. Bei uns in der WG hätte ich als Ziel die gemeinsame Suche nach dem tieferen Sinn und nach Wahrheit genannt. Auch das Bestreben, sich selbst besser kennenzulernen, mit den anderen in der Gemeinschaft zu wachsen, und dabei sich auf die nächste größere Entscheidung vorzubereiten.

Und: Durch die verschiedenen Meinungen, Talente und Stärken entsteht eine viel größere Einheit, die eine weitere Sicht hat, wahrscheinlich reifer ist und mehr kann und damit mehr erreicht. Das find ich schon ziemlich cool.

Fazit 2: Jeder muss zur Einheit beitragen

Nach drei Monaten sind wir zu einer Einheit zusammengewachsen, weil wir uns gegenseitig immer besser kennengelernt haben und kennenlernen wollten. Indem wir zusammen kochen, bestimmte Veranstaltungen vorbereiten und in verschieden Seminaren zum Diskutieren kommen, kennen wir teilweise auch unsere Stärken und Schwächen, wissen meistens wie jemand zu bestimmten Themen steht und allgemein, wie jeder so tickt.

Damit Einheit jedoch möglich ist, muss jeder etwas dafür tun. Jeder muss die Offenheit für andere Ansichten mitbringen und die Bereitschaft bisherige Vorstellungen zu hinterfragen und zu prüfen.