Vor Ort · Wallfahrt und Gebet

Die Wallfahrt, die meine Gottesbeziehung nie abreißen ließ

David Niederhofer bezeichnet sich selbst nicht als leidenschaftlichen Kirchgänger. Doch einmal im Jahr übergibt er sich der Fürsprache der Gottesmutter. Als Vorbeter einer zweitägigen Fußwallfahrt führt er nicht nur andere ins Gebet, sondern erneuert im Rosenkranz auch seine persönliche Gottesbeziehung. Ein Zeugnis.

von David Niederhofer · 18.07.2024

Junger Mann mit Mikrofon geht einen Berg hinauf und spricht in ein Mikro
Am Ende wird's richtig anstrengend. David beim Aufstieg zum „heiligen Berg Niederbayerns“. (Fotos: kerzenwallfahrt.de)

„Dein Mantel ist sehr weit und breit, er deckt die ganze Christenheit, er deckt die weite, weite Welt, ist aller Zuflucht und Gezelt. Patronin voller Güte, uns allezeit behüte.“ So klingt es durch die morgendlichen niederbayerischen Landschaften, wenn das Marienlied das Ende des zweiten Gebetsblocks auf der pfingstlichen Kerzenwallfahrt zum Bogenberg beschließt. Die Holzkirchner Kerzenwallfahrt ist ein Bittgang vom Ort Holzkirchen bei Passau hin zum „heiligen Berg Niederbayerns“. Sinnstiftend war eine große Borkenkäferplage um 1475, die die Bauern dazu bewog, alljährlich einen 12 Meter langen, 50kg schweren, mit rotem Wachs umwickelten Fichtenstamm der Gottesmutter darzubringen. Meist liegend getragen aber an einigen Strecken auch von einer Person stehend balanciert.

Ich selbst, geboren und aufgewachsen in München, bin in diese Wallfahrt hineingeboren worden. Doch dies ist kein Garant, auf ewig dabei zu bleiben. Meine Schwestern haben es spirituell nicht „gefühlt“ und sind nach wenigen Jahren nicht mehr mitgegangen. Als sich meine Mitgeherei als beständig erwiesen hat, wurde ich gefragt ob ich dem Beispiel meines Vaters und meines Onkels folgen möchte und der Wallfahrt als Vorbeter etwas zurückgeben möchte.

Rosenkranz als Gottesanker

Es klingt wie eine leichte Aufgabe, doch bestimmt man gerade durch das Sprechtempo der Rosenkränze das Gehtempo des Pilgerzuges, regelt die Pausenzeiten und beeinflusst damit direkt das Gelingen der Wallfahrt für jeden einzelnen Pilger. Für den Vorbeter ist es eine Anstrengung. Neben der nicht unerheblichen Wegstrecke – am ersten Tag 50 km, am zweiten Tag 25 km – gilt es, die Konzentration auf den „Gsetzln“ einzuhalten, die eigene Erschöpfung nicht durchklingen zu lassen und vor allem keine Wörter zu vertauschen.

Als Kind hatte ich einfach Spaß daran, die Strecke zumindest in Teilen mitzugehen. Doch im Laufe der Jahre ist diese Wallfahrt über die Mittlerin Maria mein Anker zu Gott geworden. Während ich früher noch als Ministrant regelmäßig in die Kirche gegangen bin, würde ich mich heute nicht als leidenschaftlichen Kirchgänger bezeichnen, eher als klassischen Feiertagskatholiken. Natürlich gab es daher auch Zeiten, in der meine Beziehung zu Gott gelitten hat und er immer weniger Platz in meinem Alltag gefunden hat.

Die Wallfahrt an Pfingsten führt immer wieder zu einer Art Reset meiner Beziehung zu Jesus und Maria. Ich spüre eine Wiederherstellung des Bandes zu Gott und eine durchdringende Festigung meines Glaubens. Die intensive Beschäftigung mit dem Rosenkranz, die volle Konzentration darauf und das geistige Durchleben des Heilsmysteriums setzt mich in eine tiefe Zufriedenheit, die Schmerzen und Erschöpfung abmildert.

Eine Gruppe Menschen geht einen Feldweg entlang in Richtung einer Kirche
Von einer Etappe zur nächsten führt David Niederhofer die Pilger durch's Gebet.
Junger Mann mit Mikrofon in der Hand leitet das Gebet bei einer Wallfahrt

Die Strapazen der Wallfahrt lohnen sich

Doch ist dies kein Selbstbedienungsladen, Gott prüft das Durchhaltevermögen. Nicht nur das Aufstehen um 3 Uhr morgens, auch ist es an besonders heißen Tagen eine Herausforderung an den Badeseen bei Deggendorf vorbeizugehen, an Regentagen das Mehr an Blasen zu ertragen oder nicht etwas länger an einem besonders schönen Mohnblumenfeld zu verweilen.

Zu lange bleiben keine negativen Gedanken bestehen, denn immer wieder bekommt man etwas zurück, sei es ein festlicher Einzug in einen Ort, die herzliche Begrüßung am Stadtplatz in Bogen oder die Versorgung mit Wallfahrer-Tee am Bogenberg. Diese besondere Wertschätzung wird durch eines aber noch vielfach übertroffen: Die zahlreichen erhörten Bitten und Gebetsanliegen der Wallfahrer, bei denen die Muttergottes geholfen hat. Ich habe selbst erlebt, dass sich neue Türen zum Weitermachen aufgetan haben, wenn ich meine persönlichen und beruflichen Rückschläge bewusst in das Wallfahrtgebet gelegt habe. Im Vertrauen auf Maria hatte ich jedes Mal die Kraft, diese Türen zu durchtreten und den nächsten, manchmal auch ungewissen Schritt zu tun. Aber auch andere Pilger berichten immer wieder, wie ihre Gebete um Heilung oder Linderung körperlicher Gebrechen erhört wurden und sie diese nach der Wallfahrt weniger stark wahrnehmen.

Jedes Gebet kommt bei Maria an

In diesem Jahr  hatte ich mein Aha-Erlebnis während der Abschlussmesse, als der Pater das Evangelium der Hochzeit zu Kanaa auslegte und die Bandbreite unserer Fürsprecherin im Himmel verdeutlichte. Maria nimmt jedes Gebet, jede Bitte auf, die ihr angetragen wird. Auch wenn es darum geht eine gute Party nie enden zu lassen. Oder eben eine über 500-jährige Wallfahrtstradition mit etlichen erhörten Gebeten.