Thema · Carlo Acutis' Suche nach Beweisen
Sind eucharistische Wunder wahr?
von Johann Rhee · 03.02.2022
In einer seiner Reden wiederholt Jesus die gleiche Aussage immer wieder. Fast möchte man meinen, da sei ein Sprung in der Schallplatte. Und zwischen den Zeilen hört man geradezu die Zwischenrufe seiner Zuhörer, die wieder und wieder fragen: „Ne jetzt, echt, oder?“, um diesem „Riss“ in der Schaltplatte irgendwie Sinnhaftes abzugewinnen. Es handelt sich um die sogenannte „Brotrede“. Sie gipfelt in der Aussage:
„Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut wahrhaft ein Trank.“ (Joh 6,55)
Nach dieser Aussage sieht man geradezu Kinnladen aufklappen, Stirnrunzeln und verärgertes Kopfschütteln. Anschließend heißt es, dass viele(!) Jünger diese Rede „hart“ finden und sich daraufhin von Jesus abwenden. Denn: „Wer kann sie (solche Worte) hören?“ (Joh 6,60)
„Wenn ihr das glaubt, seid ihr gaga.“ – Das ist auch heute die spontane Reaktion von Nichtchristen auf die Aussage Jesu. Mehr noch, kaum eine Aussage spaltet selbst Christen mehr als diese – in jene, die Jesus wörtlich nehmen, und jene, die es eben nicht tun.
Katholiken – unter anderen – nehmen Jesu Aussagen sehr wörtlich. Sie praktizieren im Mess-Ritus, wozu Jesus die Jünger auffordert und glauben dabei, dass der auferstandene Christus in Brot und Wein nicht nur gegenwärtig, also „da” ist, sondern, dass man ihn in der Gestalt von Brot und Wein „essen“ kann. Das ist „Kommunion” – die innige Gemeinschaft, die durch die Aufnahme seines Leibes in unseren Leib stattfindet. Heute wie damals eine schwer vermittelbare Vorstellung.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 denken zwei Drittel der US-amerikanischen Katholiken, dass diese Aussagen Jesu nur symbolisch gemeint sein können. Nur ein Drittel gibt an, zu glauben, dass die Eucharistie tatsächlich Leib und Blut Christi sind (Pew Research Study). In europäischen Ländern dürften die, die an die Realpräsenz Christi glauben, noch deutlich weniger sein.
Carlo Acutis sucht Beweise für eucharistische Wunder
Carlos Acutis (1991-2006), einer der jüngsten Seligen der katholischen Kirche, laut Zeugenaussagen aber auch ein „ganz gewöhnlicher Junge“, war einer von denen, die Jesus beim Wort genommen haben. Junge Menschen lieben ihn, weil er ein „Millenial“ wie sie ist. Einer, der seine Zeit nicht nur in der analogen Welt verbringt, sondern mindestens ebenso gern in der digitalen. Einer, der gerne Playstation spielt, einen Facebook-Account hat und gerne programmiert.
Dieses „gewöhnliche“ Leben wurde bei Carlo aber durch eine Leidenschaft außergewöhnlich: Sein Glaube an die Realpräsenz Jesu im „Allerheiligsten” – dem eucharistischen Brot. Carlos Leben war laut unzähliger Zeugenaussagen ein leuchtendes Leben. Als typischer Millenial hat er aber nicht einfach so geglaubt, sondern er wollte es wissen. Er hat gegoogelt, ist durch die Welt gereist und hat Beweise dafür gesucht, dass sein Glaube eben nicht „gaga” ist.
Das Ergebnis seiner Suche ist bemerkenswert: Nach intensivem Forschen hat er mit 14 Jahren auf einer selbst erstellten Webseite 146 Eucharistische Wunder aufgezählt und beschrieben. Seine Datenbank enthält Wunder des 21. Jahrhunderts (Liegnit 2013 und Sokolka 2008), aber auch ganz berühmte Wunder wie das in Lanciano 750 n. Chr.
All diese Wunder müssen Carlo an die Brotrede erinnert haben, an den „Riss“ in der Schaltplatte: Wieder und wieder zeigen die Wunder, dass die konsekrierte Hostie, also das „Brot“, echtes menschliches Fleisch und Blut ist, welches von Millionen Gläubigen „gegessen“ wird.
Seine Sammlung der eucharistischen Wunder ist heute weltbekannt und wird immer wieder ausgestellt. Auch andere springen auf diesen Zug auf und wollen diese Wunder weiter bekannt machen, wie zum Beispiel das Filmprojekt „Eucharistic Miracels“.
Sind die Wunder wirklich?
Ist damit ein unumstößlicher Beweis für die Realpräsenz Christi in der Eucharistie gefunden? Für viele wohl eher nicht. Wissenschaftlichen Untersuchungen zum Trotz passen solche Wunder vielen nicht in ihr Bild von Wirklichkeit. Logik und Fakten allein erklären aus sich selbst auch nicht alles. Letztlich bestimmen auch unsere Skepsis und unsere Auffassung über das, was allem zutiefst zugrunde liegt, wie wir Daten und Fakten, ja Wirklichkeit, beurteilen.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, eine Entscheidung im Rahmen unserer Glaubensfreiheit zu fällen. Wer Carlos Entdeckungen und die Erklärungen der Kirche grundsätzlich verneint, hat nicht von vonherein ein realistischeres Wirklichkeitsverständnis. Nein, er zeigt lediglich, dass er vorab für sich entschieden hat, was sein kann und was nicht.
Jenen, die sich mit der Realpräsenz schwer tun, könnte man zurufen: Schaut euch doch mal Carlos Webseite an, oder lest euch in die Transsubstantiationslehre hinein. Es gibt sie, die vernünftigen Gründe, Jesus wörtlich zu nehmen!
Ja, Jesu Worte und die Lehre der Kirche können anstößig wirken. „Wer kann sie ertragen?“ sagen ja schon die Jünger Jesu. Aber wer den Worten Jesu glaubt, muss deswegen nicht „gaga” sein. Wer Jesus beim Wort nimmt, glaubt an eine Wirklichkeit, in der Gott uns nah sein will. Ja, an einen Gott, der unser Leben leuchten machen kann.