Thema · Nachhaltigkeit durch Handyrecycling

Old but Gold: Aus Schubladenhandys wird Hoffnung

Mal ehrlich: Wie viele gebrauchte Handys liegen bei dir zuhause ungenutzt in der Schublade? Irgendwie weiß man einfach nicht, wohin mit den alten Dingern und vielleicht braucht man sie ja doch noch irgendwann… Unsinn, weg damit! Du fragst dich, wohin? In die orangenen Sammelboxen der Kolpingverbände, die die Althandys gemeinsam mit dem internationalen Missionswerk missio recyceln.

von Simone Zwikirsch · 27.05.2022

Aus Schubladenhandys wird Hoffnung
Unzählige Handys schlummern in unseren Schubladen: Foto: stock.adobe.com/junpinzon

Die gute Nachricht zuerst: Deine alten Smartphones in der Schublade befinden sich in guter Gesellschaft. Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitcom schlummern in Deutschland mehr als 200 Millionen ausgedienter Mobiltelefone ungenutzt vor sich hin. Nun die schlechte Nachricht: In all diesen Geräten verbergen sich wertvolle Rohstoffe, darunter rund 6 Tonnen Gold. Ressourcen, die in der Tiefe unserer Schränke auf bessere Tage warten. Denn kaum ein Metall ist so gut recycelbar wie Gold.

Das Gold wird für die Leiterbahnen der Smartphones genutzt. 41 Handys enthalten zusammen etwa ein Gramm Gold. Was für uns nach wenig klingt, gibt Goldgräbern in Afrika die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Denn für dieses eine Gramm müssen sie in den meist illegalen Goldminen 1000 Kilogramm Golderz schürfen und verarbeiten. Unter Arbeitsbedingungen, die für uns europäischen Handynutzer unvorstellbar sind.

Schauplatz Burkina Faso

Hier suchen vor allem Jugendliche und zum Teil sogar Kinder nach dem „kurzfristigen Glück in den Goldlöchern“, wie es Dr. Christian Mazenik von missio München beschreibt. Er betreut die Handyaktion, die es seit 2017 gibt, und weiß aus erster Hand, in welche Hoffnungslosigkeit die Arbeit in einer Goldmine führt. „Die bis zu 30 Meter tiefen Stollen, aus denen das Golderz gewonnen wird, sind meist nur schlecht gesichert und stürzen häufig ein, wodurch natürlich das Lebensglück und die Hoffnung der jungen Menschen auf eine Zukunft zerstört ist.“ Aber auch die giftigen Chemikalien, die beim Abbau zum Einsatz kommen, sind lebensgefährlich. Sie verseuchen das Grundwasser und zwingen die Menschen dort zur Umsiedlung, wenn sie nicht bereits zuvor vertrieben wurden, damit neue Goldlöcher gegraben werden können.

Abbe Jacob Lompo vor illegalen Goldlöchern.
Abbe Jacob Lompo vor illegalen Goldlöchern. Foto: Missio München

Ein Hoffnungsbringer bei den hoffnungsleeren Goldminen in Burkina Faso ist Abbé Jacob Lompo. Er kümmert sich um die jungen Arbeiter und betreut sie seelsorgerisch. Vor allem aber ermöglicht er ihnen gemeinsam mit allen Handyspendern eine neue Lebensperspektive. Denn aus den Erlösen der Spendenaktion konnte vor Ort eine Schule gebaut werden, wo die „Goldkinder“ eine solide Bildung erhalten, um sich ihren Lebensunterhalt außerhalb der Goldmine verdienen zu können. Je mehr Handys gespendet werden, desto mehr Kinder kann Jacob Lompo aus den Minen in die Schule bringen.

Doch wie entsteht aus dem alten Handy in der Schublade Hoffnung für Burkina Faso? Hier kommen die orangenen Sammelboxen ins Spiel. Von missio bereitgestellt, werden sie von den Kolpingfamilien in den Pfarreien oder an anderen öffentlichen Orten aufgestellt. Im Bistum Augsburg gibt es momentan rund 70 Sammelstellen. Ein Zehntel der gespendeten Handys werden vom technischen Partner des Projekts „mobilebox“ wiederverwertet und über einen Onlineshop erneut verkauft. Handys, die nicht mehr aufbereitbar sind, werden fachgerecht und unter europäischen Standards recycelt, sodass die wertvollen Ressourcen wieder zurückgewonnen werden.

Old but Gold: So hilft deine Spende

Der Erlös aus den verkauften Handys – für jedes wiederverwendete Gerät erhält missio zwischen 40 Cent und zwei Euro – wird zwischen Kolping und missio aufgeteilt. Während missio damit seine Projektarbeit in Afrika finanziert, nutzt Kolping die Erlöse für eine Bildungskampagne, um ein Bewusstsein für globale Zusammenhänge und die Ursachen von Fluchtbewegungen weltweit zu schaffen. Und das ausgehend von einem Alltagsgegenstand, den jeder in der Tasche, bzw. mehrfach in der heimischen Schublade hat.

Handysammelbox
In diesen Boxen kannst du dein Handy spenden. Foto: Kolping Bezirk Augsburg

„Was sind die Konsequenzen unseres Lebensstils?“ Das war für Ulrich Fürst von der Kolpingfamilie Kaufbeuren die zentrale Frage, als er vor zweieinhalb Jahren die Handyaktion in seine Heimatgemeinde brachte. „Wir fühlen uns toll, wenn wir das neueste Handy haben, aber wir denken nicht daran, dass andere Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen für unsere gedankenlose Verschwendung arbeiten müssen.“ Möglichst viele Menschen mit der Aktion auf diese unangenehme Wahrheit hinzuweisen, war seine Hoffnung. Ob sich diese Hoffnung erfüllt hat? „Was die Zahlen der Spenden angeht, ja“, meint Fürst. Zum Zeitpunkt des Interviews sind fast 8.000 Althandys in die Kaufbeurer Sammelboxen geworfen worden. Damit ist die Kolpingfamilie Kaufbeuren Spitzenreiter in der Diözese Augsburg. Insgesamt wurden übrigens deutschlandweit schon rund 460.000 Handys gespendet. Schaut man sich nochmal die Gesamtzahl der Althandys in deutschen Schubladen an – kleiner Reminder: mehr als 200 Millionen – ist da noch ein wenig Luft nach oben. Also am besten heute noch eingemottete Handys ausmisten und ab damit in die orangene Box.

Wo stehen die Sammelboxen? Auf der Übersichtskarte findest du alle Standorte.