Thema · Ehe

Mit Leib und Seele lieben?

Heiraten ist im Trend, sich scheiden lassen auch. Wirft man heute einen Blick in unsere Gesellschaft, sind Trennungen, lose Beziehungen und ständiger Partnerwechsel an der Tagesordnung. Wer ein ernst gemeintes „Bis der Tod uns scheidet“ spricht, wird schon mal schief angesehen oder belächelt. 

von Tobias Riegger · 11.08.2020

Foto: Zelle Duda / Unsplash

Man fragt sich, ob das Format Ehe überhaupt noch zeitgemäß ist, wenn der Mainstream unserer Gesellschaft doch in eine andere Richtung zeigt. Jesus wurde auch einmal auf den Mainstream der damaligen Zeit angesprochen, nämlich, dass seit der Zeit des Mose ein Mann seine Frau mittels Scheidungsurkunde aus der Ehe entlassen durfte. Dazu sagt Jesus:

„Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch gestattet, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so.“ Mt 19, 8

Aber wie war es am Anfang? Dazu müssen wir einen Blick in das erste Buch der Bibel werfen, in die Schöpfungsberichte des Buches Genesis (Gen 1-2), wir gehen also im wahrsten Sinn des Wortes zurück zu „Adam und Eva“. Adam ist allerdings ursprünglich kein Eigenname gewesen, sondern das hebräische Wort für „Mensch“. Der Mensch („adam“) ist als einziges Geschöpf nach Gottes Abbild geschaffen, er besitzt die Fähigkeit, über seine Triebe hinweg frei zu entscheiden und auf die Liebe Gottes zu antworten. Diese Liebesbeziehung mit Gott soll der Mensch in der Schöpfung widerspiegeln, wozu ein Gegenüber notwendig ist. Gott stellt dem Menschen also keine „Hilfe“ im Sinne einer Dienerin oder Sklavin zur Seite  sondern ein gleichwertiges und gleichwesentliches „Gegenüber“ (Gen 2,20) – das hebräische Wort dafür heißt wörtlich übersetzt: „eine Hilfe ihm gegenüber“.

Die Ehe ist Abbild der Liebe zwischen Gott und dem Menschen

Die Ehe von Mann und Frau ist somit Bild und Hinweis auf die Liebe zwischen Gott und dem Menschen. Gott erschafft also den Menschen als Mann (hebr. „isch“) und Frau (hebr. „ischa“), ein wunderbares Wortspiel im Hebräischen, das zeigt, dass Mann und Frau gleichwesentlich und gleichwertig, wenn auch in zwei Geschlechter differenziert sind.

Was ist nun der Auftrag der Ehe, zu welchem Zweck sind Mann und Frau geschaffen? In Gen 1,28 heißt es: „Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch“. Mann und Frau sind also dazu geschaffen, am Schöpfungsauftrag und der Schöpfermacht Gottes teilzuhaben, also Leben zu zeugen. Diesen Auftrag kann keine andere Lebensform als die Ehe erfüllen!

Das einzige Sakrament, das nicht der Priester spendet

Deswegen schützt die Kirche die Ehe als eines der sieben Sakramente. Das Ehesakrament wird als einziges Sakrament nicht durch den Priester gespendet, sondern Mann und Frau spenden es sich gegenseitig. Der Priester oder Diakon assistiert der Eheschließung nur und sorgt dafür, dass die Ehe unter den richtigen Bedingungen zustande kommt. Eine Ehe ist dann gültig geschlossen, wenn keiner der beiden Partner eines der folgenden Wesenseigenschaften und Wesenselemente der Ehe ausschließt:

  • Einheit: Ein einziger Partner → Nur Du
  • Unauflöslichkeit: Gültigkeit der Ehe bis zum Tod des Partners → Immer Du
  • Wohl des Partners: Ziel ist das Glück des Partners → Für Dich
  • Sexualität: Offenheit für Kinder und die Bereitschaft für sie Sorge zu tragen → Mit Dir
  • Sakramentalität → Mit Gott

Durch das Versprechen von Mann und Frau entsteht ein unauflösliches Eheband. Ein Bund, den Gott besiegelt. Ist er rechtmäßig und sakramental geschlossen und durch die körperliche Vereinigung des Paares vollzogen, so kann er nie mehr aufgelöst werden. Erfolgt die Eheschließung zwischen zwei Christen, ist die Ehe gleichzeitig ein Sakrament. Ist einer der Partner ungetauft, kommt der Bund zwar trotzdem zustande, es ist aber keine sakramentale Ehe. Wird später bekannt, dass bei der Eheschließung ein Ehehinderungsgrund vorlag, kann die Kirche feststellen, dass diese Ehe ungültig geschlossen worden war, also nie zustande gekommen ist. In diesem Fall sind beide Partner frei, erneut kirchlich zu heiraten.

Ein gültig geschlossenes Eheband allerdings kann nicht wieder gelöst werden, auch nicht von der Kirche. Dennoch kann es sein, dass Ehen auseinander gehen (müssen). Geschiedene können, solange sie nicht mit einem anderen Partner zusammenleben, weiterhin alle Sakramente der Kirche empfangen.

Mehr als Schmetterlinge und rosarote Brille

Das hört sich alles unglaublich theoretisch an, doch im Ersten bedeutet Ehe gelebte Praxis. Im Gegensatz zum „Verliebt-Sein“ – das mit der rosaroten Brille und den Schmetterlingen – geht es bei der Ehe um „wahre“ Liebe, also um Treue und Hingabe, sowie die Entscheidung, miteinander durch „dick und dünn“ zu gehen. Eine wunderbare Hilfe auf diesem Weg können die „5 Sprachen der Liebe“ nach Gary Chapman sein: Lob und Anerkennung, Zweisamkeit, Hilfsbereitschaft, Zärtlichkeit, Geschenke. Denn wie immer eure Beziehung im Moment aussehen mag, es gibt immer Luft nach oben.

Die Ehe ist ein Geschenk, das Stück für Stück ausgepackt und entdeckt werden darf. Dies bedarf Zeit und manche Mühe. Doch es lohnt sich, denn so wird die Ehe zu dem, wie sie von Gott gedacht ist: Ein Abbild SEINER Liebe.