Eine Krankheit kann verschiedenen Konsequenzen für einen Menschen haben: Sie kann ihn auf ihn selbst zurückwerfen, bis hin zur Verzweiflung und zur Auflehnung gegen Gott. Sie kann ihn aber auch reifer machen, den Blick für das Wesentliche öffnen. Manchmal führt eine Krankheit dazu, dass ein Mensch wieder zu Gott zurückfindet.
Widerstand und Ergebung
Der christliche Glaube bietet Hilfe, um Krankheiten richtig einordnen zu können und Schmerzen tapfer zu ertragen. Für den Christen ist das Leiden oder die Krankheit nicht bloß ein Übel, das man um jeden Preis beseitigen muss. Es kann auch einen Wert haben und zum eigenen Heil und zum Heil der Welt beitragen. Aus der Verbundenheit mit Christus erhält der Christ die Kraft, sich gegen sein Leiden zu wehren und alles für die Genesung zu tun, auf der anderen Seite aber auch das Leiden mit Christus anzunehmen und gläubig zu tragen. Der Blick auf Jesus und sein Wirken zeigt, dass der Kranke sich als besonders von Jesus geliebt erfahren darf.
Jesus ist in seinem Leiden selbst ein „Kranker“ geworden, in seinem Sterben selber ein Toter; dadurch hat er dem Leiden und Sterben einen tieferen Sinn gegeben: es kann in Vereinigung mit Jesus Christus zum Ausdruck von Liebe und Sühne werden.
Die besondere Zuneigung Jesu zu den Kranken und die Aufforderung Jesus an die Jünger „Heilt die Kranken“ (z.B. Mt 10,8) bewog die Jünger Jesu, die Kirche, durch alle Jahrhunderte hindurch dazu, sich der Kranken anzunehmen, ihr Los und Schicksal wahrzunehmen und ihre Not zu erleichtern. Wie viele Krankenpflegeorden sind in der Kirche entstanden! Der Dienst der Kirche für die Kranken besteht in der konkreten Krankenpflege, im Gebet für sie und vor allem im Sakrament der Krankensalbung.
Ein Sakrament für die Kranken
Jesus hat das Sakrament der Krankensalbung grundgelegt. Er verwendete bei den Heilungen gelegentlich „Materialien“: Speichel, Handauflegung, Teig aus Erde, Waschungen. Auch von den Jüngern, die die ersten „Heilungsversuche“ machten, heißt es im Markusevangelium (6,12f): „Und sie zogen aus und verkündeten die Umkehr. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.“ Den Brauch, Kranke mit Öl zu salben unter dem Gebet der Priester finden wir auch in der frühen Kirche (vgl. Jak 5,14f).
Die Sakramente sind von Jesus Christus in ihrem Wesen, ihrer Art und ihrer Wirkung grundgelegt. Es ist aber Aufgabe der Kirche, die „Umstände“ der Sakramente näher zu klären und zu regeln.
Das sakramentale Zeichen der Krankensalbung ist die Handauflegung, das Gebet aus dem Glauben und die Salbung an der Stirn und auf den Händen mit geweihtem Öl. Der rechte Augenblick für die Krankensalbung ist gekommen, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr zu geraten. Ein Christ darf die Heilige Salbung jedes Mal empfangen, wenn er schwer krank wird, und jedes Mal, wenn sich die Krankheit wieder verschlimmert. Auch eine schwere Operation oder der Eintritt in Altersschwäche sind ein Anlass, das Sakrament zu spenden. Dies können nur Priester tun. Das Öl dazu wird normalerweise vom Bischof in der Karwoche gesegnet.
Was bewirkt die Krankensalbung?
Die Krankensalbung vermittelt eine besondere Gabe des Heiligen Geistes: diese besteht in einer Stärkung, Beruhigung und Ermutigung, um die mit einer Krankheit gegebenen Schwierigkeiten zu überwinden. Weil es um das Wirken des Heiligen Geistes geht, legt der Priester dem Kranken vor der Salbung die Hände auf. Durch den gläubigen Empfang der Krankensalbung erfährt der kranke Mensch eine Heilung und Stärkung im seelischen Bereich. Die Krankensalbung kann aber, wenn es Gottes Wille ist, auch körperliche Heilung bewirken. Zudem hat die Krankensalbung hat sündenvergebende Wirkung, vor allem, wenn der Kranke nicht beichten kann. Durch die Salbung wird er mit dem Leiden Christi verbunden. Die Krankensalbung ist eine Art „Weihe“, die ihn befähigt, am Leiden Christi und seinem Heilswerk Anteil zu haben und Frucht zu bringen. Sie ist eine Vorbereitung auf die letzte Reise: Wenn sie einem Sterbenden gespendet wird, macht sie ihn bereit, stärkt und schützt ihn für den Übergang in das ewige Leben.
Das eigentliche Sterbesakrament ist aber die Eucharistie, die die Wegzehrung in das Ewige Leben ist.