Jeder Mensch macht Fehler. Schuld und Versagen gehören zu den Grundbefindlichkeiten des Menschen. Fehler können unbewusst und ungewollt, aber auch bewusst und gewollt geschehen. Schuld vor Gott habe ich, wenn das zweite zutrifft, wenn ich bewusst und gewollt etwas tue, was böse ist, oder etwas unterlasse, was ich tun sollte.
Der Mensch kann verschieden mit Schuld umgehen. Er kann blind werden für eigene Schuld, er kann Schuld abschieben oder verdrängen, er kann Schuld beschönigen. All das aber ist keine wirkliche Aufarbeitung der Schuld. Im Sakrament der Buße jedoch wird Schuld ernst genommen, vergeben und aufgearbeitet.
Sakrament der Liebe
Die Beichte ist ein Sakrament der Liebe Gottes: Sie ist Ausdruck und Verwirklichung von Gottes erbarmender und vergebender Liebe zum Menschen. Zugleich ist die Beichte Ausdruck für die Reue, wenn ein Mensch diese Liebe verletzt hat. „Es tut mir leid“ gehört zum Vokabular jeder Liebesbeziehung.
Gott nimmt Schuld sehr ernst. Schuld wird nicht einfach gestrichen; dann würde sie nicht ernst genommen. Schuld muss getragen, wiedergutgemacht und so aufgearbeitet werden. Das aber tut Gott selbst in seinem Sohn. Hinter der Liebe des Vaters zum schuldig gewordenen Menschen steht das Kreuz Christi.
„Er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,5).
Bei der Beichte bekenne ich meine Schuld im Angesicht des Kreuzes, im Wissen, dass Jesus meine Schuld wieder gut gemacht hat durch sein Leiden aus Liebe. Die Fülle der Liebe, die im Herzen Jesu brennt, ergänzt und ersetzt, was mir an Liebe fehlt.
Sakrament der Gotteskindschaft
Als Christ sündige ich nicht wie anderen Menschen. Ich habe größere Verantwortung, weil ich durch die Taufe Gottes geliebtes Kind geworden bin und mein Taufversprechen war und ist, dem Bösen zu widersagen. Darum wiegt die Schuld eines getauften Christen schwerer als eines ungetauften Menschen. Sie ist Schuld eines Kindes gegenüber dem Vater. Seit der Taufe stehe ich ja in einem tiefen Verhältnis zu Gott, das die Kirche „Gnade“ nennt.
Darum erneuert die Beichte die Gotteskindschaft des Menschen. Ihr Ziel ist nicht bloß ein äußerer Freispruch von Schuld, sondern eine neue Annahme als Kind, eine neue Einsetzung in die Würde eines Kindes Gottes.
Der Mensch: ernst genommen in seinem Verhalten
Auch wenn im Bußsakrament Gott der eigentlich Handelnde ist und alles letztlich von ihm ausgeht, wird doch auch der Mensch als freie und für die Schuld verantwortliche Person ernst genommen. Der Mensch übernimmt Verantwortung für sich selbst, für sein Denken, Reden, Handeln und die Unterlassung des guten. Die Selbstbeteiligung an der Vergebung der Schuld besteht in einem Dreischritt: In der Reue, im Bekenntnis und in der Wiedergutmachung. Diese drei Dinge sind die Grundelemente der Beichte.
Reue, Bekenntnis und Wiedergutmachung (Buße)
Die Reue ist das Herzstück der Beichte. Sie ist die entschiedene Missbilligung meiner Schuld. Ich verlasse mein Verhalten und stelle mich auf die Seite Gottes. Dem Bekenntnis hingegen geht die Gewissenserforschung voraus: Was habe ich falsch gemacht, wo ist meine Schuld und wo sind meine Fehler? Das Bekenntnis vor dem Priester ist dann einfach, schlicht und klar. Ein Gespräch über Probleme und Sorgen sollte möglichst vom Bekenntnis der Sünden getrennt und außerhalb der Beichte geführt werden. Die Reue über die Sünden führt zum Vorsatz, nicht mehr zu sündigen. Das bedeutet, dass ich mich gründlich von dem trennen will, was in meinem Leben gegen Gott steht. Hier bedarf es einer ganz großen Entschiedenheit. Konkrete Bußwerke zeugen von meiner Aufrichtigkeit – eines davon wird mir vom Beichtvater aufgegeben. Es ist meist ein kurzes Gebet. Eigentlich sollte die Buße ein „Startschuss“ für den neuen Weg nach der Beichte sein.
Die Rolle des Priesters
Jesus hat den Aposteln nach der Auferstehung die Vollmacht gegeben, Schuld zu vergeben (Joh 20,23). Die Kirche glaubt, dass diese Vollmacht durch das Sakrament der Weihe den Nachfolgern der Apostel, den Bischöfen, und ihren Helfern, den Priestern, weitergegeben wird. Der Priester repräsentiert in der Beichte den Vater („Beichtvater“) und spricht „an Christi statt“ die Worte der Lossprechung. Der Priester ist in der Beichte nicht nur Vertreter Gottes, sondern auch Vertreter der Kirche. Jede Schuld hat auch eine soziale Dimension: durch meine Schuld schade ich der Kirche. Das Sündenbekenntnis ist immer auch ein Bekenntnis vor der Kirche, die Lossprechung ist immer auch Versöhnung mit der Kirche.