Krieg in der Ukraine, Klimakrise oder die persönliche Angst, eine Entscheidung zu treffen: Uns plagen derzeit und generell zahlreiche Ängste. Dem Volk Israel geht es da im Alten Testament nicht anders: Es hat Angst, zu verhungern, von Schlangen gebissen zu werden oder die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Den Menschen fehlt das Vertrauen, dass Gott sie in allen Schwierigkeiten begleitet. Schließlich bringt Mose die zehn Gebote. Gott verbindet damit die Zusagen, dass er sein Volk nicht verlassen wird, wenn es diese Gesetze einhält.
Mit Gottesfurcht gegen das Chaos
Im Psalm 112 heißt es: „Halleluja! Selig der Mann, der den HERRN fürchtet und sich herzlich freut an seinen Geboten. Seine Nachkommen werden mächtig im Land, das Geschlecht der Redlichen wird gesegnet.“
Für die Israeliten war klar, was auch für uns heute gilt: Sie werden nicht im Chaos versinken, solange sie den von Gott gesteckten Rahmen nicht verlassen. Üben auch wir uns immer wieder neu in das Vertrauen ein, dass Gott uns den richtigen Weg zeigt, wenn wir uns an seinen Geboten orientieren. Er lässt uns in Sorgen und Nöten nicht allein.
Liebe macht stark
Zum anderen findet sich im Alten Testament der Aspekt, dass Gott zu fürchten heißt, ihn zu lieben: „Und nun, Israel, was fordert der Herr, dein Gott, von dir außer dem einen: dass du den Herrn, deinen Gott fürchtest, … ihn liebst und … mit ganzer Seele dienst“ (Dtn 10,12). Ein gottesfürchtiger Mensch ist in diesem Sinne ein Glaubender.
Die Ehrfurcht vor Gott wird im Neuen Testament noch übertroffen: Das Leben von Maria und Josef wird durch die Begegnung mit dem Göttlichen förmlich umgekrempelt. Für Simon Petrus und die anderen Apostel beginnt von einem Moment auf den Nächsten etwas komplett Neues. Die Begegnung mit Gott lässt selbst selbstbewusste Menschen wie Saulus zu Boden gehen.
Jesus verkündet seine frohe Botschaft vom liebenden Vater. Besonders deutlich wird die Liebe Gottes zu uns Menschen im Geheimnis der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Diese erste Liebe geht unserer menschlichen Liebe voraus. Wir dürfen mit unserer Liebe darauf eine Antwort geben (vgl. 1 Joh 4,16).
Jesu Botschaft von der Liebe Gottes macht die Menschen fähig, ihre schützende Umgebung zu verlassen und Neues zu wagen. Jesu bzw. Gottes Arm ist es, der die Menschen immer wieder vor dem Untergehen bewahrt hat. Auch an uns darf Wirklichkeit werden, was im Namen Jesu ausgesagt ist: „Gott ist Rettung/Heil“.
Gottesfurcht beinhaltet also beides: das Einhalten der Gebote und eine emotionale Beziehung.
Den Blick schulen
Die emotionale Verbindung mit Gott kann uns so viel Kraft geben, dass die Angst keine entscheidende Rolle mehr in unserem Leben spielt. Diese Beziehung müssen wir selbstverständlich einüben, zum Beispiel indem wir Zeit mit Gott verbringen, die Sakramente empfangen oder uns mit anderen über den Glauben austauschen, sodass wir darin wachsen können.
Und wie kann man Gottes Liebe sonst noch wahrnehmen? Gerade in Krisen sehen wir die Dinge, die nicht gut sind und nicht funktionieren. Da kann es helfen, den Blick für die kleinen Geschenke des Alltags zu schulen. Ein gutes Gespräch mit einer Freundin oder einem Freund, ein freundliches Lächeln auf dem Weg zur Arbeit oder ein liebevoll zubereitetes Abendessen können unscheinbare Zeichen Gottes in unserem Leben sein.
Am Ende des Tages kann uns ein Tagesrückblick helfen, diese Erlebnisse noch einmal bewusst anzusehen und Gott dafür danke zu sagen. Aus der Dankbarkeit heraus dürfen auch wir anderen mit Aufmerksamkeit begegnen und ihnen ein Zeichen für Gottes Liebe sein. Vielleicht haben dann auch sie weniger Angst.